
"Das Ergebnis wird entweder gut oder sehr gut"... mit dem Satz endete Ralfs Mail mit den letzten Instruktionen an die Ironman 70.3 Raperswil (Schweiz) Starter. Ich für meinen Teil war mir da nicht ganz sicher! Die letzten Wochen Vorbereitung auf das Saisonhighlight Ironman Frankfurt hatten es in Sich und haben mich Einiges gekostet. Die Woche vorm Vorbereitungswettkampf in der Schweiz fühlte ich mich in Folge dessen richtig beschissen! Keinen wirklichen Raddruck und keine Leichtigkeit beim Schwimmen... das einzige was in letzter Zeit wieder richtig gut funktioniert hatte war das Laufen!
Also fuhr ich mit gedämpften Erwartungen in die Schweiz.
Vor ziemlich genau einem Jahr hatte ich im Kraichgau beim Ironman 70.3 (Verlinkung zu Wettkampfbericht) ein nahezu perfekten Tag erwischt und war zum ersten mal auf der Mitteldistanz unter 5 Stunden geblieben. Ich wusste dass ich einen Sahnetag brauchen würde um dies zu wiederholen.

Der Wettkampf war von vorne bis hinten top organisiert weshalb die Vorbereitungen auch mega stressfrei über die Bühne gingen. Ein wenig Kopfzerbrechen bereitete mir lediglich die Wassertemperatur (am Freitag 12,9 Grad) des Zürichsees, in dem das Schwimmen stattfinden sollte.
Bei der Registrierung am Freitag wurde uns aber versichert "dass auf jeden Fall geschwommen wird". Ich bin im Wasser jetzt nicht sonderlich Kälte anfällig... angenehm war das Einschwimmen am Freitag Abend aber trotzdem nicht... Werd scho wern!

RACE DAY!
SWIM
05:00 Uhr Morgens klingelt der Wecker... hätte er nicht tun müssen... war eh wach... ich weiß was zu tun ist... alles gestern schon 100x im Kopf durchgespielt... alles läuft wie automatisiert und weiterhin mega stress frei ab.
Mit einer Mischung aus Kopfsprung und Bauchplatscher beginnt für mich der zweit längste Tag des Jahres! Es war scheiß kalt aber ich konnte zum Glück schnell meinen Rhythmus finden und wärmte mich von Minute zu Minute auf! Ich hatte keine Gelegenheit beim Schwimmen meine Zeit zu kontrollieren aber da ich immer wieder Leute überholte konnte es nicht so schlecht sein. 33:48 zeigte meine Uhr an als ich auf allen vieren aus dem See kroch.
Nicht überragend gut aber auch nicht wirklich schlecht!
Ich hatte mir fest vorgenommen schnell zu wechseln was auch dieses mal nicht geklappt hat. Ich brauchte eine gefühlte Ewigkeit um meinen Neo auszuziehen. Wenigstens mein Rad hab ich dieses mal auf Anhieb gefunden.

BIKE
Wie bei jeder Mitteldistanz nehm ich mir vor mich die ersten 5 Kilometer auf dem Rad erst einmal zu sortieren, zu verpflegen und mein Tempo zu finden und wie bei jeder Mitteldistanz bin ich wie ein Berserker aus der Wechselzone geschossen und hab die ersten 10 Kilometer reingetreten als wäre es ne Kurzdistanz. Das Hirn meldete sich erst am ersten Anstieg dem "Witches Hill" wieder zu Wort. Ich nahm raus, verpflegte mich zum ersten mal und versuchte am gleich drauf folgenden längsten Anstieg der Radstrecke meinen Rhythmus zu finden. Schon jetzt wurde es gut warm unter meinem Aerohelm. Am höchsten Punkt der ersten von zwei zu absolvierenden Radrunden nahm ich dann nochmal ein bisschen raus und ließ es auf der ewig langen Abfahrt super locker angehen.
Als ich, zurück in Rapperswil, am Wendepunkt meine Zeit checkte stand da 01:20... das beflügelte mich natürlich! Sollte es mir gelingen die zweite Runde am Rad auch nur annähernd so schnell zu fahren wie die Erste, würde mir ein ein Halbmarathon in 01:40 reichen und ich würde trotzdem unter 5 Stunden bleiben. Aber der Weg war noch sooo weit! Ich zwang mich wieder zurück ins hier und jetzt und fuhr konzentriert weiter. Nicht überzocken jetzt!
Die Beine wurden immer besser und so flog ich die letzten 30 Kilometer regelrecht Richtung Wechselzone. Nach ziemlich genau 2:40 stieg ich dann vom Rad (das hätte ein Schweizer Uhrwerk auch nicht recht viel besser hinbekommen :-) )

RUN
Der zweite Wechsel lief besser als der erste. Ich nahm mir die Zeit mich ausreichend zu verpflegen und mir ein paar Salztabletten reinzuschmeissen, denn mittlerweile war es richtig warm geworden!
Beim Rauslaufen habe ich nochmal einen kurzen Blick auf die Uhr riskiert... jetzt reicht dir ein Halbmarathon in 01:38... Der muss doch drin sein!
Es gab zwei Dinge die meine Sub 5 jetzt noch gefährden konnten... zu schnelles loslaufen und mangelnde Verpflegung!
Ich entschied mich trotzdem erstmal nach Gefühl loszulaufen und das war natürlich viel zu schnell! Ich pflügte durchs Feld, fühlte mich fantastisch und mit jedem Kilometer, den ich das Tempo unter 4:20 min/km halten konnte wurde die Sub 5 realistischer.
Immer wieder sah ich tRi.P.coaching-Teamkollegen und Kolleginnen auf der Strecke war mich natürlich nochmal extra motivierte.

Der Kurs war nicht ganz einfach aber definitiv super abwechslungsreich zu laufen. Zwei mal ging es die "Stairway to heaven" nach oben (siehe Foto). Die Beine fühlten sich in der zweiten Runde zwar eher nach "Highway to hell" an aber immer wieder schossen mir die Worte vom Coach durch den Kopf: "Voll reinhalten!! Wenns hinten raus hart wird: dagegenhalten!!"
Ich hielt dagegen... mit allem was ich hatte!
Alle 30 Sekunden blickte ich auf die Uhr... zwang mich das Tempo zu halten!
Ich stolperte zum Zweiten mal die 54-Treppenstufen nach oben und wusste oben: "jetzt bist du durch!" Von hier waren es noch 3 Kilometer! Ich wusste ich würde weit unter 5 Stunden bleiben... und jetzt wusste ich auch dass ich heute mein Bestzeit von letztem Jahr nochmal unterbieten würde!
Ich bog in den Zielkanal ab, sammelte alle High Fives ein die mir angeboten wurden, versuchte mich noch an einem Zielsprung (voller Einsatz fürs Zielfoto :-) )und stoppte meine Uhr bei 4:52:28!

Die letzten Wochen waren nicht immer einfach... vor Allem am Rad habe ich mich in letzter Zeit oft kraftlos gefühlt und mit meinen Leistungen gehadert! Ich hab versucht mich so gut wie möglich auf mich zu konzentriert aber natürlich auch bemerkt wie die Jungs und Mädels im Team Leistungssprünge vollzogen haben von denen ich nicht mal zu träumen wagte. Klar sollte ich mich nur auf mich konzentrieren aber ganz ausblenden kann man das natürlich nie! Ich hab trotzdem versucht meine Session so gut wie halt möglich durchzuziehen und wurde jetzt mit diesem für mich perfekten Rennen belohnt!! Dieser Sport kann einfach fantastisch sein!
Entsprechend motiviert gehts für mich jetzt in die letzten 4 Wochen Vorbereitung auf den Ironman Frankfurt! Die Richtung stimmt!! :-)
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Winkl (Freitag, 07 Juni 2019 09:20)
Sau stark Flo, eine super Zeit und cooler Bericht. Hat Spaß gemacht zu lesen. Meinen hab ich noch nicht veröffentlicht, aber hört sich ähnlich an :-)
Flo Czada (Freitag, 07 Juni 2019 10:51)
Danke dir Winkl! Ohne jetzt zu viel über deinen Wettkampfbericht zu verraten aber dein Rennen lief ja ähnlich perfekt! :-)
War auf jeden Fall ein erfolgreiches Wochenende!