· 

Ironman Frankfurt 2019

Wie oder wo soll ich anfangen? Ich könnte wahrscheinlich einen ganzen Roman über dieses Wochenende beim Ironman Frankfurt schreiben, so viel ist passiert, so viel lief einfach perfekt und doch lief am Ende alles so gar nicht wie ichs mir erhofft hatte.

Ich versuche trotzdem mich relativ kurz zu halten:

Wie immer in der Race Woche habe ich auch dieses Mal täglich mindestens einmal die Wettervorhersage für den Rennsonntag gecheckt... umso näher der Ironman kam um so einstimmiger wurde für Sonntag folgendes vorhergesagt: Es sollte mit knapp 40 Grad ein verdammt heißer Tag in Frankfurt werden.

Ich hatte schon in der Vergangenheit immer wieder Probleme mit Hitze bei Rennen. Ich hatte es aber durch Verpflegungsoptimierung geschafft die Letzen heißen Rennen trotz Leistungseinbusen einigermaßen ins Ziel zu bringen. Ich hatte alle mir selbst gesetzten Zeitziele über Board geschmissen und wusste, dass ich am Sonntag nur einen Gegner haben würde: Die Hitze! 

 

Am Rennmorgen bestätigte sich dann das, womit die meisten eh schon gerechnet hatten: Neoverbot beim Schwimmen.

Ich war entsprechend vorbereitet... der Kerner Tom hatte mir zum Glück noch kurzfristig seinen Schwimmanzug (der bei Neoverbot trotzdem erlaubt war) geliehen und so ging es dann, wohlwissend dass auch die Schwimmzeit um einiges langsamer sein würde um kurz vor 7 auf die lange und warme Reise Richtung Zieleinlauf am Römer! 

Das Schwimmen war ruppiger als ich es in Erinnerung hatte. Immer wieder hatte ich einen Ellbogen oder den Fuß vom Vordermann im Gesicht. Überholen war nur mir sehr viel Kraft aufwand oder überhaupt nicht möglich. Trotzdem gelang es mir relativ schnell einen Rhythmus zu finden, den ich mir zutraute durch zu schwimmen. Nach 1:15 Stunden stieg ich für meine Verhältnisse überraschend früh aus dem Wasser und lief schon ein wenig stolz in die Wechselzone.

 

Wechselbeutel schnappen, eincremen, kurz verpflegen, Startnummer umschnallen, Radl abholen und ab auf die 185km lange Radstrecke.

Die Temperaturen waren mega angenehm und mit leichtem Rückenwind ging es vom Langener Waldsee Richtung Frankfurt City! Ich nutzte die Zeit um mich zu verpflegen, as die an meinem Lenkerextensions hängende Breze und zwang mich nicht zu überpacen! Das war bei der Anzahl an Athleten die mich überholten gar nicht so einfach. Ich fuhr stur meine angepeilten Watt Werte. Ab Mitte der zweiten Rad Runde wurde es dann unangenehm... die Sonne brannte runter und ich hatte zum ersten Mal das Gefühl ich bekomme meinen Körper trotz Fahrtwind und Wasserduschen nicht mehr gekühlt. Trotzdem achtete ich penibel genau auf meine Ernährung und der Aufnahme von Salz ... ich kämpfte mich Kilometer für Kilometer weiter und durfte dann endlich in die zweite Wechselzone einbiegen.

 

Ehrlich gesagt war ich froh, dass das Radfahren endlich vorbei war! Ich blickte bereits in der Wechselzone in viele verzweifelte und panische Augen... Wie zur Hölle sollen wir jetzt noch nen Marathon laufen?

Ich trottete los... hoch konzentriert habe ich mich bei jeder Verpflegungsstation gekühlt, getrunken, gegessen, Salz zu mir genommen... nochmal gekühlt! 

Mit jedem Kilometer fühlten sich meine Beine und mein Körper besser an auch wenn mir die Hitze schon zu schaffen machte... immer wieder versicherte ich Carina und allen anderen tollen Menschen an der Strecke die mich supporteten dass alles gut sei... Daumen nach oben... Hab alles im Griff! 

Das Tempo war logischerweise nicht besonders hoch aber darum ging es heute schon lange nicht mehr. Immer wieder sah ich Athleten am Streckenrand kollabieren, zusammensacken, aufgeben! 

Ich fühlte mich immer besser, nahm mir an den Stationen bewusst die Zeit mich abzukühlen, rieb mich mit Eiswürfeln ein, packte mir Eiswürfel unters Cap und in mein Oberteil, kühlte mich mit Schwämmen und versorgte mich mit Salz!

Ich habe alles in meiner Macht stehende getan um meinen Körper bei diesen Strapazen zu unterstützen.  

 

Dann ging plötzlich alles sehr schnell... von einem Schritt auf den anderen konnte ich nicht mehr laufen... nicht, weil ich Schmerzen in den Beinen oder keine Lust mehr hatte, sondern weil ich es koordinativ nicht mehr hinbekommen hatte... wie wenn ich das Laufen verlernt hätte!

Das ich in der Phase noch mit meinen tRi.P.coaching Kollegen Winkl und Tom gesprochen habe ist mir erst ein paar Stunden später wieder eingefallen. Was ich gesagt habe weiß ich heute auch nicht mehr. 

Ich hatte das Gefühl mir zerreißt es den Schädel. Von einem Schritt auf den anderen bekam ich unfassbare Kopfschmerzen. Ich schleppte mich die 100 Meter zur nächste Verpflegungsstation, griff nach nem Becher Cola und noch bevor ich einen Schluck nehmen konnte musste ich mich übergeben... zeitgleich gaben meine Beine nach. Als ich wieder zu mir kam lag ich neben der Verpfelgungsstation und zwei nette Helfer sahen mich besorgt an. "Sollen wir den Sanni holen?"

"Salzstangen"... was anderes brachte ich nicht mehr raus... ich hatte Probleme sinnvolle Sätze zu sprechen!

Ich as drei bissen, stand auf, musste mich nochmal übergeben und sah auf die Uhr. Noch 24km... ich hatte noch massig Zeit bis zum Cut Off... "Dann musst du es halt zu Ende marschieren" 

Ich wankte los und weiß noch wie die Geräusche um mich rum immer leiser wurden... zwei schwarze Flecken vor meinen Augen wurden immer größer und ich schaffte es gerade noch mich seitlich ins Gras fallen zu lassen... Game over!! 

 

Lallend fragte ich die zwei netten Zuschauer, die sich um mich kümmerten, ob sie der Carina Bescheid geben könnten.

 

Teilnahmslos, emotionslos und einfach nur leer lag ich da und lies alles über mich ergehen. 

 

Ich kann nicht beschreiben wie unfassbar enttäuschend und erniedrigend es sich angefühlt hat da am Streckenrand zu liegen während alle anderen, die vorbeiliefen, mit jedem Schritt der Erfüllung ihres (unseres) Traumes näherkamen.

 

Ich habe doch alles richtig gemacht... ich war so gut vorbereitet wie noch nie, hatte mich so diszipliniert ernährt wie noch nie, ich habe mir noch nie ein Rennen so gut eingeteilt wie heute und trotzdem lag ich da... unfähig auch nur aufzustehen. 

 

Zwei Stunden später meldete mich ein Sanitäter vom roten Kreuz dann offiziell vom Rennen ab. 

Was dann passiert ist hat mich schon extrem gefreut... soo viele Nachrichten erreichten mich oder Carina... soo viele Menschen da draußen haben mein Rennen verfolgt, machten sich Sorgen um mich, wollten wissen ob es mir gut geht! So viele haben mich nach dem Rennen angerufen, mir Mut zugesprochen, mich aufgebaut und mich wieder in die Spur gebracht. Es is immer leicht nach einem gefinishten Rennen ein kurzes "Glückwunsch" unter nen Facebook-Post zu schreiben aber für jemanden in diesen hässlichen Tagen nach dem DNF da zu sein ist nochmal was ganz Anderes!! Vielen vielen Dank dafür!!!

 

Natürlich auch noch vielen Dank an die tollen Menschen die sich am Sonntag noch um mich gekümmert haben... allen voran natürlich Carina die mich am gleichen Tag noch nach Hause verfrachtet hat und sich auch an den Folgetagen noch meine Jammerei anhören musste. Natürlich auch Carinas Eltern und meine Eltern die in Frankfurt dabei waren und alles koordiniert haben! Es war unglaublich viel wert euch da an meiner Seite gehabt zu haben!

 

Was die ganze Sache noch erträglicher macht ist das sonst fast alle tRi.P.coaching Athleten sich durchgebissen und es ins Ziel geschafft haben! Ich freu mich wahnsinnig für jeden einzelnen!! Ganz großes Kino und riesen Respekt dafür! 

 

Für mich ist die Triathlonsaison dieses Jahr damit beendet. Ich werde mich jetzt auf verschiedene Laufveranstaltungen konzentrieren um den Kopf wieder frei zu kriegen aber früher oder später werde ich mich wieder der Langdistanz widmen und dann wird zurückgeschlagen! 

Kommentar schreiben

Kommentare: 3
  • #1

    Tom (Montag, 08 Juli 2019 21:09)

    Top Bericht Flo!
    Beim nächsten Bier erzähle ich dir was ich zu dir alles gesagt habe �

  • #2

    Dani (Montag, 08 Juli 2019 21:52)

    Hab Gänsehaut beim Lesen Flo.... unglaublich wie schnell des gegangen is bei Dir... da haben wir alle richtig Glück gehabt !!! Gut dass Du einen Haken setzen kannst! Wir wissen alle was Du kannst !!! Toller Bericht! I bin stolz auf Di !!!

  • #3

    Yvonne und Franzi (Dienstag, 09 Juli 2019 19:56)

    Hi Flo Kopf hoch!!! Bist ein top Athlet und das nächste Mal geht’s wieder bergauf. Ein toller Bericht und wir haben mit gezittert.
    VG von den Wittkes