
Endlich war es soweit!!
Die Rennwoche zu meinem zweiten großen Saisonhighlight war angebrochen und ich war heiß ohne Ende! Nachdem Frankfurt so in die Hose gegangen war wollte ich meine Saison unbedingt positiv beenden und mir den Traum vom ersten Ultratrailfinish erfüllen.
In meinem Kopf klangen 62km mit 2500hm gar nicht so wild... Marathon kann ich doch laufen... die 20 restlichen Kilometer werden dich dann schon nicht umbringen!
Bereits am Freitag fuhr ich also mit Winkl zum Start-/Zielbereich um die Startnummern abzuholen und uns auf den ersten Kilometern der Strecke schon mal zu akklimatisieren!
Am Abend vor dem Rennen war ich dann doch nervös ohne Ende... ich hatte keine Ahnung auf was ich mich eingelassen hatte und was mich jenseits der Marathon-Marke erwarten sollte.

Am Samstag um 3:30 Uhr klingelte dann mein Wecker... da ich bereits seit einer knappen halben Stunde hellwach im Bett lag war es wie eine Erlösung und sofort sprang ich auf, zog mir meine Laufklamotten über, verabschiedete mich von Carina (die ich wenns gut laufen sollte erst wieder bei Kilometer 47 zu Gesicht bekommen sollte), würgte mir zwei Semmeln runter, spülte mit Kaffee nach und dann gings auch schon los Richtung Hohenzollern Skistadion. Ich war sehr dankbar, dass mein Papa mich fuhr, jeden Stress, den ich am Morgen vorm Wettkampf vermeiden kann vermeide ich sehr gerne!
Wir gabelten Winkl am Pendlerparkplatz auf und um kurz vor 6 kamen wir am Flutlichterhellten Skistadion an!

Ehrfürchtig und demütig reihte ich mich an der Startlinie ein... Da stand ich also... um mich rum lauter verrückte und topfitte Mädels und Jungs... alle machten einen konzentrierten, angespannten und trotzdem glücklichen Eindruck hier an der Startlinie stehen zu dürfen! I
Um Punkt 07:00 Uhr setzte sich das Feld hinter der Blaskapelle langsam in Bewegung... die Taktik für die ersten 16km war klar... ganz locker auf den großen Arber... noch lockerer wieder runter und dann ab Kilometer 25 die erste Bestandsaufnahme der Beine abwarten!
Dieses Mal hielt ich mich tatsächlich an den Plan, hab zahllose Läufer/innen tatenlos an mir vorbeiziehen lassen und lief stur mein eigenes, gefühlt recht langsames, Tempo!

Die Bestandsaufnahme fiel, nach Kilometer 25 durchweg positiv aus. Ich hatte das Gefühl, dass mich die lange bergab Passage nicht so viel Körner gekostet hatte wie befürchtet.
Nach einer recht üppigen Verpflegung bei Kilometer 27 ging es erst bergauf und dann Richtung Silberbergwerk… ich horchte intensiv bei jedem Kilometer in meinem Körper rein und wartete auf die ersten Schmerzen… die kamen dann auch früher und intensiver als ich mir sie gewünscht hätte
Wie schon beim abschließenden Marathon der Challenge Roth machte sich mein linkes Knie bemerkbar… es war genau das gleiche Stechen an genau derselben Stelle. Ich erinnerte mich wie sehr ich auf den letzten Kilometern in Roth darunter gelitten hatte.

Ich versuchte die Gedanken allerdings auch schnell wieder weg zu wischen! Zum jetzigen Zeitpunkt konnte ich wirklich keine Worst-Case-Szenarien in meinem Kopf brauchen!
Ich erreichte die nächste Verpflegungsstation beim Kilometer 31… ich blieb kurz stehen, verpflegte mich wieder so gut wie möglich und dehnte meine Oberschenkel und massierte kurz mein Knie! Der Schmerz war erträglich und wurde erstmal nicht schlimmer… also weiter Richtung Bretterschaten wo mein Dad auf mich wartete!
Er meinte, dass ich ne super Platzierung im vorderen Viertel hatte und dass der Winkl nur eine viertel Stunde vor mir vorbeigelaufen sei. Ich weiß ich wollte mein Tempo laufen, aber irgendwie hatte mich jetzt doch der Ehrgeiz gepackt und ich wollte die Plätze jetzt nicht mehr kampflos hergeben! 😉

Also Zähne zusammenbeißen und runter Richtung Bodenmais ballern. Mein nächster und vielleicht wichtigster Hot Spot war Kilometer 47… ich wusste, dass hier die Winkls und vor Allem Carina auf mich warten würde.
Ich freute mich so wahnsinnig sie zu sehen, dass ich mich genau an der letzten Wurzel, bevor ich sie in die Arme schließen konnte, auf die Nase legte.
Soo…. Jetzt warten es „nur“ noch 14 Kilometer! „Nur“ noch rauf auf den Arber und dann ins Ziel treiben lassen! Die anstehenden Höhenmeter taten meinem Knie gut… Gehen war um einiges angenehmer als Laufen!
Ich kämpfte mich Kilometer für Kilometer weiter nach oben Richtung kleiner Arber. Bei der letzten Verpflegungsstation bei KM 53 war der Ofen dann aus! Mir tat ALLES weh… Ich hatte Blasen an allen möglichen und unmöglichen Stellen an den Füßen, hatte das Gefühl mir zerreißt es bald die Oberschenkel und hatte vor Allem keine Ahnung wie ich die restlichen 9 Kilometer hinter mich bringen sollte.

Warum auch immer fiel mir plötzlich die Rede von Tony D'Amato aus dem Film „Any Given Sunday“ ein, die er vorm entscheidenden Spiel an sein Football Team richtet, ein: „Inch by inch…play by play…till we're finished.
We are in hell right now, gentlemen…believe me! And, we can stay here and get the shit kicked out of us or we can fight our wayback into the light. We can climb out of hell. One inch, at a time.” Inch by Inch… Schritt um Schritt kämpfte ich mich den immer steiler werdenden Anstieg auf den kleinen Arber hoch.
Ich will hier natürlich auch nicht zu sehr jammern… genauso hatte ich mir das heute vorgestellt… dafür hatte ich die Startgebühr bezahlt… genau auf das war ich vorbereitet… Die Schmerzen waren eingepreist und um ehrlich zu sein sogar ein wenig unter dem was ich mir ausgemalt hatte.
Nach einem kurzen Downhill standen dann nur noch die letzten paar hundert Höhenmeter hinauf zum großen Arber an… und endlich war ich oben! Hätte ich allerdings gewusst wie weh mir der anschließende steil abfallende Trail Richtung Skistadion tun würde hätte ich den Anstieg vielleicht mehr genossen!

700 Meter vorm Ziel spuckte mich der Singletrail endlich auf ne breit ausgebaute Forststraße aus und siehe da… ich konnte wieder „schmerzfrei“ laufen… ich hörte den Stadionsprecher schon von weitem, umarmte nochmal meinem Dad, holte mir ein Siegerbussi von Carina ab, klatsche mit Carinas Mama ab und schwebte Richtung Ziellinie!
Ich versuche nicht zu beschreiben was in mir vorging als ich nach 8 Stunden und paar Sekunde meine Uhr hinter der Ziellinie stoppte!
62 Kilometer und 2500 Höhenmeter haben natürlich ihre Spuren hinterlassen aber der Tag hätte nicht perfekter sein können! Nach einem Siegerbier mit Winkl und der besten Supportcrew der Welt machten wir uns auf den Heimweg! Ich hoffe ich kann auch nächstes Jahr wieder an dem perfekten und sehr liebevoll organisierten Event teilnehmen!
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