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Ironman 70.3 Kraichgau

... "außer die Roth-Starter"... alles was vor oder nach diesem Satz in Ralfs Emails der letzten Wochen stand, ließ meinen Puls jedes mal in den GA2 Bereich ansteigen.

Einerseits, weil ich mich natürlich mittlerweile auf Roth freue wie ein kleines Kind auf Weihnachten; andererseits, weil in dem zweiten Halbsatz stand, wie sich die kommenden Sessions eben dieser "Roth-Starter" zu den von den (erst im Oktober startenden) Ironman Barcelona Teilnehmern der Laufstilanalyse unterschied.

 

So war es wenig überraschend, dass auch meine Vorbereitung auf den Ironman 70.3 in Kraichgau eine ganz andere war als die aller anderen Laufstilanalyseathleten, die sich letztes Wochenende auf den Weg nach Bad Schönborn machten.

Die recht intensive Trainingswoche vor dem Race sollte mit dem Ironman 70.3 am Sonntag abgerundet werden.

 

Für mich war Kraichgau aber vor allem eins: Die Generalprobe für Roth!

Die Tage vor dem Wettkampf war ich ungewöhnlich ruhig... ungewöhnlich unaufgeregt... ungewöhnlich souverän und trotzdem konzentriert!

 

Ich weiß nicht, ob es an der sich allmählich einschleichenden Erfahrung oder an der fehlenden Spannung lag, aber ich überlegte kein zweites mal, ob ich was ich den Wechselbeuteln vergessen hatte... ich spielte keine verschiedenen Szenarien im Kopf durch... "was tu ich, wenn im Wettkampf Situation X auftritt"... ich stellte mir nicht die Frage nach meiner End- oder neuen Bestzeit... ich wusste, dass Ralf mich perfekt (auch oder genau wegen der bis dato verletzungsfreien Saison) perfekt auf das Rennen vorbereitet hatte... ich machte mir keine Gedanken über zu warme Temperaturen oder Neoverbot... ich ging so souverän wie noch nie in ein Rennen und hatte einfach nur Bock auf Triathlon!

Genau wie letztes Jahr hatte ich auch in dieser Saison nur einen Vorbereitungswettkampf vor meinem Saisonhighlight. Also genau eine Möglichkeit, alle Systeme für Roth nochmal durchzuchecken. Diese eine Chance musste ich nutzen!

 

Da stand ich also... das Rad eingecheckt, den Luftdruck in den Reifen kontrolliert, die Wechselbeutel abgegeben, den Neo bis zur Hüfte hochgezogen und verfolgte den Start des Profistarterfeldes, das mit Jan Frodeno, Patrick Lange, Andi Böcherer, Nick Kastelein und Laura Philipp nicht recht viel stärker hätte besetzt sein können.

 

Die Sonne knallte jetzt schon wie verrückt vom Himmel und ich fühlte mich wie in der Sauna, während ich zusammen mit den anderen Laufstilanalysten (17 !!!) darauf wartete, dass wir endlich ins Wasser durften.

Schulter an Schulter mit meinem Trainingskollegen, Laufstilanalyseteampartner und Freund Daniel sprintete ich nach dem Startschuss in den angenehm warmen Hardtsee.

Vom Racemodus immer noch keine Spur. Der Rolling Start macht das Schwimmen unfassbar stressfrei und so schwamm ich, ohne große Prügeleien, mein Ding. Alles fühlte sich gut an... ich konnte in meiner Startgruppe (Zielzeit Schwimmen: 30-35 Minuten) recht mühelos mitschwimmen ohne mich kaputt zu machen. Zeitweise hatte ich fast das Gefühl, nicht hart genug geschwommen zu sein.

 

Beim Schwimmausstieg das obligatorische High-Five mit Carina und dann ein erster vorsichtiger Blick auf die Uhr... 33 Minuten... Ich?!... 33 Minuten!!... Für das, wie inkonsequent ich mein Schwimmtraining die letzte Zeit gestaltet hatte, war das der absolute Oberhammer!

 

In der Wechselzone entdeckte ich Daniel knapp hinter mir. Er is definitiv nicht der Typ Triathlet, den du beim Radfahren im Nacken sitzen haben willst (Das hat er mir in den letzten Trainingssessions oft genug bewiesen).

Aber egal... es war mein Rennen und ich wollte mich eigentlich nicht zu sehr von den anderen ablenken lassen.

Stegi (deren Rennen über die olympische Distanz erst am Nachmittag startete) stand am Ende der Wechselzone und schickte mich mit der Info "... der Flo (Herzog) ist nur 20 Sekunden vor dir" auf die Radstrecke.

 

Na toll... eigentlich wollte ich es die ersten Kilometer auf dem Rad locker angehen lassen, was nach dieser Info natürlich nicht mehr möglich war. Ich fühlte mich super und mit viel zu hohen Wattwerten begann ich die Flucht nach vorne. Daniel, der ziemlich bald an mir vorbeiflog, brachte mich wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Es dauerte 12 Kilometer, bis ich die 20 Sekunden auf Flo zugefahren hatte.

 

Jetzt wurde es hügelig und wie ein Gestörter donnerte ich die ersten Anstiege hoch. Das muss ich definitiv in den Griff bekommen... wenn ich mich auf der Langdistanz auch so von der Atmosphäre pushen lasse, dann zerreisst es mich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit früher oder später. Aber dafür war ich da... Fehler machen... Dinge ausprobieren!

Ich hielt mich strickt an meine Ernährungsstrategie, die an diesem Tag mehr als perfekt funktionieren sollte.

Ich kam immer besser ins Rennen, konnte vor allem in den Anstiegen einge Plätze gut machen und hatte zumindest zum jetzigen Zeitpunkt keinerlei Probleme mit der Hitze. Bei Kilometer 60 (wo bereits die meisten Höhenmeter bewältigt waren) habe ich zum ersten mal hochgerechnet und kam selbst bei einer Worst-Case-Szenario-Betrachtung der letzten 20 Kilometer auf eine Radzeit unter 3 Stunden.

 

Das war doch schon mal das Minimalziel, das ich mir am Rad gesteckt hatte, aber ich hatte immer noch extrem gute Beine und ohne mich komplett kaputt zu fahren, donnerte ich zurück Richtung T2... Richtung Bad Schönborn wo jetzt meine eigentlich liebste Disziplin auf mich wartete... Nach 2 Stunden und 42 Minuten sprang ich vom Bike und lief wieder mit einem fetten Grinsen ins zweite Wechselzelt.

Gleich auf den ersten Metern der Laufstrecke entdeckte ich Carina, der ich mit dem noch immer in meinem Gesicht hängenden Grinsen und einem Fingerzeig auf meine Uhr andeutete, dass ich mega happy mit meinen bisherigen Splits war.... abgeklatscht... und im Kurzdistanztempo den ersten Kilometer angegangen (auch das sollte ich vielleicht für Roth nochmal überdenken). Nach dem ersten Kilometer habe zum ersten mal getraut, die Ansicht meiner Uhr auf die Gesamtzeit umzustellen, um mal erste vorsichtige Hochrechnungen zu betreiben.

03:24 stand da... mir blieb ganz kurz der Atem weg (was nicht nur an dem viel zu hohen Anfangstempo lag). "Wenn du jetzt die verbleibenden 20 Kilometer im 04:30er Schnitt läufst, bleibst du heute unter 5 Stunden" dachte ich mir.

Wie wenn mir das Schicksal noch ne extra Portion Motivation mit auf die verbleibenden 20 Kilometer mitgeben wollte, kam genau jetzt die Songzeile "Ey, es wär' schön blöd, nicht an Wunder zu glauben und es wär' zu schön, um es nicht zu riskieren" von Wincent Weiss aus den Boxen des Zielbereichs.

Den Vorteil, den ich gegenüber Wincent zum jetzigen Zeitpunkt hatte war, dass ich kein Wunder brauchte. Die zurückliegenden Keysessions im Training haben mir immer wieder gezeigt, dass ich läuferisch gut drauf bin und dass ich auch im angeschossenen Zustand einen 4:30er Schnitt draufhaben sollte. Ich musste einfach nur abrufen was ich drauf hatte!

 

Immer mehr Laufstilanalysten tauchten auf der Laufstrecke auf und beflügelten mich weiter. Bei Kilometer 11 stellte ich meine vorletzte Hochrechnung auf... "die letzten 10 Kilometer unter nem 5er Schnitt und du packst es!"

Ich bin eigentlich nicht der Typ, der mit hohen Temperaturen im Wettkampf besonders gut klar kommt... allerdings hatte ich mit Ralf diese Saison genau an diesem Thema gearbeitet, meine Ernährung während des Wettkampfes angepasst und immer auf ausreichend Kühlung geachtet. Auch das funktionierte! Geil!

Langsam wurde die Beine schwer, aber mit jedem Meter war ich mir sicherer, dass ich heute die magische 5-Stunden-Grenze knacken würde.

Bei Kilometer 17 lief ich wieder auf Daniel auf... mittlerweile waren wir beide sichtlich angeschossen und versuchten uns gegenseitig nochmal für die letzten Kilometer zu motivieren. Er meinte, dass er das Tempo nicht mitgehen kann und ließ sich leicht zurückfallen.

Jetzt ging es mir auch dick ein... der wellige Laufkurs kostete Kraft... die letzten leichten Anstiege kamen mir wie senkrechte Klettersteige vor.

Die letzte Hochrechnung lautete "selbst wenn du jetzt den letzten Kilometer gehst, reichts für unter 5!“

Ich passierte das Kilometer-20-Schild und plötzlich schob sich Daniel wieder an mir vorbei... ich investierte jetzt alles, um mitlaufen zu können und schnell waren wir uns einig:

 

"Das Ding haben wir Schulter an Schulter begonnen... das bringen wir Schulter an Schulter und Arm in Arm zu Ende!"

Im Zielkanal stand Carina, die mich mit meinem finalen High Five Richtung Zielbogen schickte, der beim Durchlaufen folgendes anzeigte:

 

"Florian Czada 04:56:15, Daniel Eitler 04:56:15"

... Gänsehaut... Unfassbar geil!!!!

 

Mir fehlen immer noch die Worte, um den Wettkampf zu beschreiben... Einerseits bin ich natürlich mega happy mit dem Ergebnis und dass die Generalprobe für Roth so reibungslos funktioniert hat. Andererseits hat so viel funktioniert, dass mir langsam die Stellschrauben fehlen, an denen es bis Roth noch zu justieren gilt.

 

Aber egal wie Roth läuft... Dieses Rennen im Kraichgau werde ich so schnell nicht vergessen!!

 

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