
"Wer macht hier heute seinen ersten Tough Mudder?"... Sofort hebt unser Team und nahezu alle anderen um uns herum die Hände! Es beruhigt mich zu wissen, dass ich nicht der einzige Rookie hier bin.
Dass ich 10 Kilometer laufen kann, ist mir natürlich klar. Aber mangels Körperspannung, Kraft, Kletterskills und Koordination mache ich mir doch meine Gedanken, wie ich die 14 Hindernisse schaffen soll.
Aber zum Glück hatte ich ja ein geniales Team an meiner Seite: Die Kletter- und Boulderfahrenen Anja und Benni, Simon, und Carina, die aufgrund von Knieproblemen jetzt drei Wochen fast nicht laufen konnte. Wird schon schief gehen......jetzt gibt es eh kein Zurück mehr... Zu den Klängen von Lose Yourself von Eminem ertönt der Startschuss und bei Sonnenschein und 15 Grad ging es erstmal ganz entspannt Richtung Wald.

"Feuchtgebiet"
Meine Hoffnung war eigentlich, dass wir so lange wie möglich trockene Füße haben würden. Diese Hoffnung wurde mir nach 850 Metern genommen... Das erste "Schlammbad" stand an und mit einem beherzten Sprung ging es ins hüfthohe Wasser, das wir nach 10 Metern auch wieder lebendig und bisschen dreckig, verlassen konnten. Ein komisches Gefühl irgendwie, einfach so in einen Tümpel voller Matsch und Schlamm zu hüpfen …… ein gutes Gefühl!! Die Schlammschlacht war jetzt offiziell eröffnet!
"Heuschnupfen"
Das nächste "Hindernis" war geschenkt... ein paar Heuballen, die überklettert werden mussten. Das bereitete selbst mir als Bewegungslegastheniker keine großen Probleme!

"Kiss of Mud 2.0"
Wie der Name bereits vermuten ließ, wurden wir jetzt zum ersten Mal richtig dreckig. Wir mussten unter Stacheldrähten hindurch durch ein Schlammfeld robben. Das kostete schon einiges an Kraft in den Armen. Carina neben mir blieb fast die Luft weg vor Lachen… tatsächlich machte es einen Heidenspaß, sich so richtig im Schlamm zu wälzen. Danach waren wir nass, rochen komisch und die ersten von uns mussten bereits ihre Startnummern zurücklassen. Das Weiterlaufen fiel uns immer schwerer... Wir blieben mit den Schuhen im tiefen Matsch stecken und ein paar von uns fielen immer wieder im rutschigen Dreck hin. Oft mussten wir von laufen auf gehen umsteigen. Vor ein paar Minuten hatten wir am Start noch gelobt: "... ich werde nicht jammern... denn jammern ist etwas für Kinder.“Es war noch nicht an der Zeit, dieses Gelübde zu brechen.
"Holz vor der Hütte"
Einen (mehr oder weniger schweren) Baumstamm einmal um eine 300 Meter Runde tragen und ihn dann den nachfolgenden Muddern weitergeben. Ich als Taktiker habe natürlich gleich einer zierlichen Dame den entsprechend auch eher zierlichen Baumstamm abgenommen und so stellte auch dieses Hindernis keine große Herausforderung dar. Allerdings war es schon echt lustig zu sehen, wie viele erwachsene Menschen sich hier brav ihren Baumstamm abholten, um mit einem Stück Holz eine Runde spazieren zu gehen und es danach wieder zurück zu bringen und seinen Lauf fortzusetzen. Die darauffolgende Verpflegungsstation haben wir aufgrund von Übermotivation und einer zu langen Schlange ausgelassen... Großer Fehler wie sich später rausstellte... Das war nämlich die einzige mit Bananen und Pickups.

"Berlin Walls"
Jetzt wurde es zum ersten mal tricky... Zwei ca. 3 Meter hohe Holzmauern mussten überklettert werden. Auf unsere Kletterspezialisten im Team war natürlich Verlass und so konnten sie, auf der Mauer sitzend, auch uns "Laufsandsäcke" über die beiden Mauern wuchten!
Mit "Pit Fall" erwartete uns jetzt das nächste richtige Schlammloch... Das Problem war, dass sich unter dem Schlamm verschieden ausgeprägte Löcher oder Erhebungen befanden. Mehr oder weniger elegant tasteten wir uns langsam hindurch... die daraus resultierenden Stürze sorgten trotz (oder wegen) des kalten Wassers für Erheiterung in unserem Team!
Nach jedem Tief kommt auch wieder ein Hoch, in diesem Fall hieß das Hoch "The Hangover" und musste überklettert werden. Die Holzwand war zwar nicht so hoch wie die Berlin Walls, dafür aber leicht überhängend. Mit guter Teamarbeit, ein paar Räuberleitern in Kombination mit den als Aufzug fungierenden Benni und Simon war auch das Hindernis relativ schnell überwunden! Danach passierten wir die letzte Verpflegungsstation, wo uns gesagt wurde, dass es "nur noch 2,5 Kilometer bis zum Ziel" sind. Wir waren erst 1,5 Stunden unterwegs und da auf der Webseite von ca. 3 Stunden die Rede war, die wir für die 10 Km benötigen würden, waren wir absolut top in der Zeit... dachten wir! Entsprechend motiviert absolvierten wir die 200 Meter lange "Huckepack"-Strecke und trabten, nun doch schon ein bisschen KO Richtung...
...
"Birth Canal". Aufgabe war, sich unter mit Wasser gefüllten Planen hindurchzurobben. Klingt einfach, aber mit ca 50. Liter Wasser auf dem Rücken kommt man tatsächlich nur langsam und qualvoll voran (wie der Name schon vermuten lies :-) ) Hier konnten wir zwischen zwei Varianten wählen... einmal hell und einmal dunkel! Wenn dann schon richtig und natürlich entschieden wir uns für die "Legionärsversion" und kämpften uns durch den stockdunklen Tunnel und machten uns danach wie neugeboren weiter auf dem Weg! Leider hatte Carina immer mehr Probleme mit Ihrem Knie und so drosselten wir das Tempo und erreichten eine Lichtung im Wald, wo uns gleich 3 Hindernisse hintereinander alles abverlangen sollten.

Dabei ging es mit der "Mud Mile 2.0" so lustig los. Mehrere hintereinander angeordnete Schlammbecken mussten durchquert werden. Getrennt durch Schlammberge, die aus dem Wasser raus erklommen werden mussten. Es war extrem rutschig, schlammig und kalt! Tat unserer Stimmung aber keinen Abbruch: Sich im rutschigen Matsch festkrallen, um nach oben zu gelangen und dann am Hintern den Dreckhügel in das nächste Schlammbecken rutschen, muddiger ging es fast nicht :-) Immer noch hoch motiviert ging es zum vorvorletzten und vielleicht schwierigsten Hindernis:
Die "Pyramid Scheme". Die Beschreibung klingt irgendwie einfacher, als es dann wirklich war. "Bildet eine Pyramide, sodass Du über die Schultern Deiner Mit-Mudder bis zur Spitze klettern und Deine Kollegen anschließend nach oben ziehen kannst." Anja und Carina konnten sich schnell an der Menschenpyramide, die sich bereits gebildet hatte, nach oben ziehen. Benni, Simon und ich mussten uns den "Aufzug" erst erarbeiten und stellten uns in die unterste Reihe der Pyramide. Immer wieder rutschten (mal mehr, mal weniger schwere) Menschen an der Pyramide wieder nach unten und fielen uns auf den Kopf und die Schultern. Nach 10 Minuten verließen mich langsam die Kräfte und leider war es nicht so leicht, einen Ersatzmann für die unterste Reihe zu finden. Als ich endlich entkräftet nach oben geschoben und gezogen wurde, war ich zum ersten Mal heute wirklich erleichtert. Da ich dann auch noch als „Angel“ missbraucht und nach unten gelassen wurde, um weitere Mudder nach oben zu ziehen, konnten wir kurz darauf auch Benni und Simon nach oben befödern. Zeit zum Durchatmen blieb uns allerdings nicht viel, denn bereits nach ein paar Metern wartete:

…das "Block Ness Monster" auf uns. Ein 1,60 Meter tiefes und 18 Meter langes Wasserbecken, in dem sich zwei rotierende Barrieren befanden, die überklettert werden mussten. Wir machten uns also ans Werk, schoben die Barrieren an und hängten uns selber daran, um auf der anderen Seite wieder herunterzuplumpsen. Das Wasser war eisig kalt und ich heilfroh, als wir auf der anderen Seite wieder rausklettern konnten. Carinas Knie wurde nicht besser, aber wir befanden uns jetzt schon auf dem letzten Kilometer! Nur noch raus aus dem Wald und dann ins Ziel? Fast... 2 Hindernisse galt es noch zu bezwingen!
"Everest 2.0"... bereits der Name lässt vermuten, dass wieder geklettert werden musste. Es handelte sich um eine fünf Meter hohe Quarterpipe mit einer Abrundung an der Spitze, die Dir das Erreichen des Gipfels weiter erschwert. Bevor wir uns dran versuchten, trafen wir Carinas Eltern am Streckenrand, die uns die nötigen Tipps fürs Bezwingen mitgaben: "Schnell drauf zulaufen, Seil greifen, auf den Po setzen und sich hochziehen lassen" Klingt nicht zu kompliziert... also Los. Anja war die erste, die es auch auf den ersten Versuch schaffte. Auch Benni war beim ersten Versuch gleich oben. Carina, Simon und ich hatten mehr Probleme. Simon brauchte zwei Anläufe und ich stellte mich besonders doof an. Erst beim 4. Versuch gelang es mir, das Seil richtig zu greifen und mein Team konnte mich - auf dem Arsch hockend - an der glitschigen Wand nach oben ziehen! Direkt nach mir erklomm auch Carina den Everest.

Jetzt trennte uns nur noch "Creek Crusade", eine Flussdurchquerung, von dem wohlverdienten Zielbier. Das Wasser war nochmal Kälter als vorher beim "Block Ness Monster" und ich schwamm so schnell wie irgendwie möglich (Schwimmen ist ja in Badehose schon nicht meine Paradedisziplin, aber mit Schuhen und Kleidung war es ne absolute Katastrophe :-) ) Wenigstens konnten wir im Fluss den Großteil des an uns klebenden Schlamms wieder loswerden!
Wir schleppten uns aus dem Wasser, klatschten uns nochmal ab, ließen unseren Schlachtruf los und durften dann in den Zielkanal einbiegen, wo wir Hand-in-Hand und überglücklich den Zielstrich durchliefen!!

Unsere Freude wich schnell Ernüchterung, als wir uns zitternd vor Kälte Richtung kalte Duschen begaben... Mit viel Zähneklappern und (fast) ohne Jammern haben wir auch diese letzte Herausforderung hinter uns gebracht! Rückblickend bleibt, neben ein paar Schürfwunden und Restdreck unter den Fingernägeln, nur der Stolz, dass wir die 10 Kilometer und die 14 Hindernisse als Team so souverän gerockt haben...
Es war bestimmt nicht mein letzter Hindernislauf!!
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