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Überlebenskampf im Münchner Umland

Unter meinem diesjährigen Weihnachtsgeschenk konnte ich mir auf den ersten Blick nicht so wirklich was vorstellen: Survival Crash Kurs vom Veranstalter Survival Unlimited. Hab mich gleich drauf gefreut... zwei Tage lang Feuer machen, Zelten und in einem warmen Schlafsack unter freiem Sternenhimmel übernachten! Klingt doch ziemlich romantisch und ich als alter Bear Grylls Fan werd mit der Pseudosurvivalsituation ja wohl keinerlei Probleme haben!

 

Am Samstag, den 23. April 2016, machten Carina und ich uns also nach einem ausgiebigen Frühstück, einer Tasse Kaffee und mit gepacktem Marschrucksack auf nach Karlsfeld. Klar machte der Blick auf die Wettervorhersage uns ein wenig nervös. Nächtliche Temperaturen um den Gefrierpunkt gepaart mit Regen und Schnee klang nicht mehr so richtig nach einer warmen Nacht unterm Sternenhimmel!

"Die werden uns da schon nicht erfrieren lassen" hab ich mir gedacht und zumindest bei

der Ankunft am "Starting Point" war das Wetter ja trocken und einigermaßen warm.

 

Dort trafen wir auch zum ersten mal auf den Rest der Gruppe und unseren Survival-Coach Markus. Breit gebaut, kurzer Iro, Bundeswehrkleidung... genau so hab ich ihn mir

vorgestellt! Er und auch der Rest der 8-Köpfigen Gruppe (4 Teilnehmer hatten bereits im Vorhinein aufgrund der Wettervorhersage die Segel gestrichen) waren mir auf Anhieb sympathisch. Gute Voraussetzungen für einen erfolgreichen Überlebenskampf!

 

Nach kurzer Einführung, was wir in den nächsten 30 Stunden zu tun und zu lassen hatten, bekamen wir unsere ersten Aufgaben, die wir jeweils in der Gruppe zu absolvieren hatten. Die nächsten paar Stunden verbrachten wir also damit, mithilfe eines Kompasses von einem Meeting Point zum nächsten zu navigieren (was mal mehr, mal weniger erfolgreich gelang), Karten zu studieren, Gegenstände zu sammeln, die uns beim Feuermachen das Leben erleichtern sollten und nach "Nahrung" wie Brennnesseln, Löwenzahn, Schnecken und Käfern Ausschau zu halten. (Survival-Regel Nummer eins: Alles was sich bewegt, kann man essen!) Ja, auch vorbeilaufende Hunde wurden interessiert beäugt :-D

Pünktlich um 18:00 Uhr, genau wie vorhergesagt, fing es zu regnen an.

Stimmt nicht, es fing zu schütten an.

 

Wie begossene Pudel widmeten wir uns verschiedenen Knotentechniken, bauten eine Trage für einen fiktiven Verletzen und widmeten uns probeweise dem Unterschlupfbau. Die Stimmungskurve flachte zum ersten mal merklich ab... Jedem war kalt, alles wurde nach und nach durchnässt und noch wussten wir nicht, wo und wie wir die Nacht verbringen würden. Nach meinen Vorstellungen endete unser Marsch durch den Wald an einem Zeltplatz, wo wir uns schnell in bereits aufgestellte Zelte verziehen, aufwärmen und trocknen können. Der Gedanke hielt zumindest meine Laune einigermaßen hoch! Langsam wurde es dunkel und wir bekamen die Karte für unseren letzten Marsch, der uns zum Camp bringen sollte. Der Gedanke an Lagerfeuer und trockenen Zelte half uns die 3 KM durch Felder, Wälder, über Bäche und Wiesen zu überstehen.

 

Spätestens jetzt waren alle und alles nass... die Isomatte, der Rucksack (trotz Regenüberzug) und der (was meine Laune nicht unbedingt verbesserte) Schlafsack. Nach einer gefühlten Ewigkeit, in der wir abwechselnd auf die Karte und stoisch zu Boden blickend hintereinanderher marschierten, trafen wir endlich unseren Guide Markus. Das beunruhige mich ein wenig, denn ich sah weder Zelte noch eine andere Art von Unterschlupf in der Nähe. Acht grüne Plastikplanen und eine durch Steine begrenzte, durchnässte Feuerstelle - das wars... mehr gabs nicht...GEIL!

Fast fassungslos, frierend und nass blickten wir zu Markus, der uns gut gelaunt Tipps gab, wie wir die Gartenplane am besten an Bäumen befestigen können, um während der Nacht einigermaßen trocken zu bleiben. Das erste mal kamen Zweifel in der Gruppe auf... Unsere Autos waren nicht weit entfernt und jedem stand es natürlich frei, das Projekt "Survival" abzubrechen.

 

Das führte dazu, dass wir auch gleich nur noch zu siebt waren. Carina und ich unterhielten uns in der Phase nicht mehr viel... Physisch und psychisch am Limit spannten wir mehr schlecht als Recht ein Seil, befestigten dort eine Plane, nutzen die andere als Unterlage und platzierten frustriert unsere durchnässten Rucksäcke darunter. In diesem Moment war ich knapp davor Carina zu fragen ob wir nicht in Richtung Auto marschieren und heute Abend im warmen und trockenen Bett nächtigen wollen.

Carina hatte ich bis dahin kein einziges mal Jammern gehört... also verkniff ich es mir ebenfalls und unterstützte den Rest der Gruppe beim Versuch den durchnässten Zunder zum brennen zu bringen. Das gelang uns nach gut 20 Minuten auch und mit der Wärme

des Feuers kamen ganz langsam die Zuversicht und die gute Laune zurück. Hunger hatte ich nicht wirklich, aber ein im Feuer gekochtes Ei, Kartoffeln und eine Karotte können ja nicht schaden. Lecker ist was anderes, aber ganz langsam stieg unsere Körpertemperatur wieder an und nachdem wir den Schichtplan für die Feuerwache festgelegt hatten, begaben wir uns mit vier Lagen Kleidung, Mütze und Handschuhen in unsere feuchten Schlafsäcke.

Augen zu... Augen auf... es schimmert grünlich hell durch unsere Gartenplane... wir haben die Nacht also überstanden! Gut gelaunt, weil es aufgehört hatte zu regnen, weil unser Feuer noch brannte, weil wir uns endlich ein wenig mit der Körperhygiene beschäftigen konnten und weil wir die Nacht und somit den härtesten Teil des "Survivals" überstanden hatten, starteten wir in den Tag.

 

Wir beschäftigten uns noch ein wenig mit selbstgebauten Wasserfiltern, verschiedenen

Feuerarten und dem Feuermachen ohne Brandbeschleuniger!

Zum Mittagessen gab es wieder Kartoffeleintopf mit Brühwürfel, Karotten und Bohnen...

Für mich als Kartoffel"liebhaber" wieder ein kulinarisches Highlight... Trotzdem war ich schon mal happy überhaupt was Warmes im Bauch zu haben!

15:00 Uhr! Mit ein paar winzigen Belobigungen und einem Händedruck vom Survival Coach Markus erhielten wir nun endlich die Wegbeschreibung zu unserem letzten RP

(=Release Point aka Auto)

 

In Zeiten von Smartphones (die wir in fast jeder Sekunde unseres Lebens bei uns

tragen) und einer gut ausgebauten Infrastruktur werden wir wohl in Mitteleuropa nie in

den "Genuss" eines solchen Survivalszenarios kommen. Was ich für mich aus dem

Wochenende mitgenommen habe ist, dass ich wieder zu schätzen gelernt habe, was wir

mittlerweile also so selbstverständlich sehen... Essen im Überfluss, ein Dach übern Kopf

und eine Klospülung mit Trinkwasser...

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